Michael Lessky, Sie dirigieren nun schon seit zwanzig Jahren regelmäßig Neujahrskonzerte, waren mehrmals auch in Italien und China damit zu Gast. Warum heuer zum ersten Mal „Die Fledermaus“?
Als Wiener ist man mit diesem Stück sozusagen jährlich und ausweglos konfrontiert, es ist eigentlich wie die Weihnachtsmusik in den Kaufhäusern, nur eine Woche später, und nicht wegzudenken aus den großen Häusern Staats- und Volksoper.
Da muss man zunächst einmal Abstand gewinnen. So habe ich auch nie ein reines Strauss-Programm gemacht, sondern immer interessante Bezüge zu anderen Komponisten und Kulturkreisen gesucht.
Zur Beherrschung dieses Wienerischen Idioms muss man eigentlich ein Wiener sein?
Wahrscheinlich nicht, aber an einem heimischen Busen sollte man vielleicht doch einmal gelegen sein. Viele berühmte Dirigenten wurden ja mit dieser Musik erst von den Wiener Philharmonikern zumindest für die Probenwoche der Neujahrskonzerte an deren Busen genährt.
Ich bin schon seit Kindheit mit diesen Klängen vertraut, meine Eltern probten diese Musik oft und oft zuhause, ich begleitete meine Mutter am Klavier. Das habe ich quasi mit der Muttermilch mitbekommen, wie man so schön sagt, und auch natürlich im Chor meines Vaters.
Aber das allein genügt nicht, zumindest nicht für eine spritzige UND sinnliche Wiedergabe der „Fledermaus“. Vielleicht muss man auch ein bisschen ein Hallodri sein, mit etwas liebäugeln, aber eben nicht zu ernst nehmen, damit man den richtigen Tonfall trifft.
In Ihrer Arbeit mit der Jungen Philharmonie Wien findet man regelmäßig Programme mit dieser Musik.
Ja, ich sehe es als Aufgabe, wenn man ein österreichisches Jugendorchester macht, dieses wienerische Idiom entsprechend weiterzugeben – wenn man schon in Wien oder Österreich studiert und 80% der Studierende dann wieder das Land verlassen, dass sie hier etwas Originäres oder Autochthones mitnehmen. Das wird naturgemäß nicht an den Universitäten gelehrt, daher ist es bei uns als praxisorientierte Ergänzung zur Ausbildung ganz richtig. Und der Erfolg gibt uns recht: Wir sind bereits zum fünfzehnten Mal hintereinander in der Steiermark in St. Peter engagiert, über 500 Besucher*innen kommen jedesmal.
Meine positiven Erfahrungen mit unserer letzten CD mit Ildiko Raimondi, gerade auch im Operetten-Genre, haben mich bestärkt, heuer einmal eine ganze Operette in Angriff zu nehmen.
Ich freue mich heuer ganz besonders auf dieses Projekt, habe ich doch in meiner Studentenzeit, als wir Theater spielten, selbst die Rosalinde in unserer Fledermaus gespielt. Gespielt und nicht gesungen! – wir arbeiteten damals mit Playback und neuen aktuellen Texten – Maschek eben vor dreißig Jahren. Und der Eisenstein von damals ist diesmal auch dabei, in einer neuen Rolle.